Deliberation

„Ich habe mich schon immer über diejenigen geärgert, die zwar schneller als ich waren, aber eigentlich gar nichts oder wenig zu den Lösungen beigetragen haben.“

Deliberation bedeutet vernunftgeleitetes und freies Sprechen mit dem Ziel einer schrittweisen und kleinteiligen Verständigung über die Präferenzen einzelner beteiligter Individuen (Gastil/Levine 2005). In der Deliberation suchen die Beteiligten nach einer für alle Beteiligten tragfähigen Lösung, einem Konsens oder zumindest einem Kompromiss, mit dem alle Beteiligten leben können. Deliberation ist eine Gesprächskultur, die Abstand von der Gewinner-Verlierer-Logik nimmt und für die vielmehr die Qualität der Kommunikation und Verständigung im Vordergrund steht. Sie zeichnet sich durch aktives Zuhören, das Verstehen der Wahrnehmung Anderer und respektvolles, demokratisches Sprechen aus.

An der Schule kann diese Form demokratischen Sprechens als Dialogprozess erfolgen. Dazu sitzen in der Regel 8 bis 35 Personen in einem Kreis zusammen und sprechen über ein kontroverses Thema, zu dem die Gruppe möglichst eine Lösung finden soll. Jede Person erhält Redepunkte (ein bis drei), für die sie jeweils ca. eine Minute zu einem selbstgewählten Zeitpunkt sprechen kann. Keiner der Beteiligten hat dabei die Verpflichtung zu sprechen, jeder kann schweigend oder sprechend teilnehmen. Dennoch ist dieses Hilfsmittel ein Regulativ: Diejenigen, die viel sprechen, kontrollieren sich selbst und diejenigen, die kaum sprechen, erhalten den „Raum“ zum Sprechen. Ein weiteres Hilfsmittel ist der Redestein. Die Person, die sprechen möchte, nimmt den sogenannten Redestein auf und legt einen Redepunkt ab. Ein weiteres Hilfsmittel ist ein Gong. Er kann von allen geschlagen werden und dient dazu, die Kommunikation zu verlangsamen. Schlägt eine Person den Gong, darf so lange keiner der Beteiligten sprechen oder den Redestein nehmen, bis der Gong verhallt ist.

Ziel des Gesprächs ist es, in einem offenen Lernprozess kreative Lösungen zu komplexen Problemen und Konfliktsituationen zu finden. Eine Gesprächskultur, die auf den Prinzipien der Deliberation beruht, ist demokratisch. Sie fördert und erfordert aktives Zuhören, das Offenlegen von eigenen Annahmen zum Thema, Empathie und das Verständnis der Perspektiven der anderen, die Analyse von Denkmodellen und Bedürfnissen sowie das Bilden von Synthesen.

Diese Gesprächskultur kann im Unterricht ebenso wie in offenen Gesprächsformen z.B. dem Klassenrat oder Schulversammlungen angewandt werden. Die folgenden vier Schulen haben das Deliberationsforum – eine besondere Ausgestaltung der Deliberation über Stunden bzw. Tage – im Rahmen des BLK-Programms „Demokratie Lernen und Leben“ bereits erfolgreich erprobt: Das Eichendorff Gymnasium, Ettlingen; das Droste- Hülshoff-Gymnasium, Freiburg; die John-F.-Kennedy-Schule, Berlin; das Gymnasium Rahlstedt, Hamburg.

Ein Deliberationsforum kann in einer Schule/Bildungseinrichtung als Beratungsforum eingerichtet werden, um einen Meinungsbildungsprozess transparent und diskursiv zu entwickeln als auch gesellschaftspolitische Themen zu diskutieren.

Medien: Literatur, Downloads, Links, Videos
  • Sliwka, A. (2005): Das Deliberationsforum – Eine neue Form des politischen Lernens in der Schule. Berlin: BLK-Modellprogramm „Demokratie lernen und leben“. Download unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2008/140/pdf/Sliwka2.pdf
  • Sliwka, A./Frank, S. (2007): Das Deliberationsforum als neue Form des Lernens über kontroverse Fragen. In: Eikel, A./de Haan, G (Hrsg.): Demokratische Partizipation in der Schule. Ermöglichen, fördern, umsetzen. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, S. 60-74.
  • Sliwka, A./Frank, S./Grieshaber, C. (2009): Demokratisches Sprechen. In: Edelstein, W./Frank, S./
  • Sliwka, A. (Hrsg.): Praxisbuch Demokratiepädagogik. Weinheim: Beltz, S. 193-233.
  • Frank, S./Lauble. S/ Sliwka, A.(2006)Handreichung: Das Deliberationsforum als neue Lernform – Wissens-, Meinungs- und Konsensfindung zu gesellschaftspolitischen Themen verstehen und gestalten. Berlin: BLK-Modellprogramm „Demokratie lernen und leben“, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg.

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